
Die dritte Seite der Gedankenschule soll mit einer weiteren Betrachtung des skrutaren Bewusstseins beginnen, nochmal den möglichen Vorwurf der erzeugten Überempfindlichkeit aufgreifend. Wer aus irgendwelchen Gründen (Suchmaschine z.B.) direkt auf dieser Seite gelandet ist, kommt zur ersten Seite,
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Für die Lektüre am PC oder Laptop mit großem Monitor (nicht für Smartphone- und Tabletnutzer) bietet sich wiederum die Ansicht mit der Inhaltsübersicht im Seitenframe an,
die erscheint, wenn Sie hier klicken. Wenn wir schlichten Genuss erleben, dann sind wir uns dessen skrutar bewusst: das zu genießende Ereignis gelangt mit seinem zugehörigen Denkfluss auf die skrutar bewusste Ebene. Der schlichte Genuss kann sehr stark sein, so dass er in seiner Qualität dem besonderen Genuss kaum noch hintan steht. Er kann aber auch abschwingen und fast zur sinnhaften Beschäftigung werden, wie wir es auf der vorigen Seite im Mischform-Diagramm gesehen haben. Wenn Sie sich aber an unser allererstes Beispiel ganz zu Beginn der Gedankenschule erinnern, so fällt dabei auf, dass das Denken nur kurz skrutar bewusst ist, um sich dann auf der imperzept bewussten Ebene aufzuhalten. Wir geniessen skrutar bewusst, machen uns aber die Tatsache, dass wir geniessen, nur kurz klar: wir denken nicht während der ganzen Zeit des Genusses daran, dass wir gerade einen Genuss erleben. Zwischenzeitlich soll dies zwar immer wieder mal geschehen, womit der Genuss noch erhöht wird, aber der Genuss selber kann völlig entspannt geschehen, ohne dass wir ständig auf der Meta-Ebene mit der Messlatte und erhobenem Zeigefinger in angespannter Hab-Acht-Stellung verharren. Auch das soll in der Gedankenschulung erreicht werden, dass eine lockere, entspannte aber doch wirkungsvolle Aufmerk- und Wachsamkeit ausgebildet wird. Wer nun die Gedankenschule aufmerksam durchgearbeitet hat, wird hier vielleicht an etwas denken, was wir weiter oben kennengelernt haben: an den korrepten und den disserpen Gedankenfluss. Letzterer breitet sich unbemerkt aus, für den korrepten ist seine Kürze kennzeichnend. Wenn wir nun diese beiden Begriffe auf unser Denken (im Konszientogramm üblicherweise die gelbe Farblinie) übertragen, so erkennen wir die Gemeinsamkeit: wenn wir skrutar bewusst genießen, wird sich das Denken im Verlauf unmerklich - also eben nicht überempfinglich hochangespannt - auf der imperzept bewussten Ebene ausbreiten, es ist disserp.
Fast unbemerkt und nur sehr kurz, man könnte fast sagen: um sich immer wieder mal daran zu erfreuen, dass ein schlichter Genuss skrutar bewusst vorhanden ist, springt das Denken auch auf die skrutar bewusste Ebene, um aber sofort wieder imperzept bewusst zu werden, wenn alles in bester Ordnung, d.h. der Genuss ungestört ist. Wie man ja auch mit den Augen ständig wachsam umherschaut, ohne dabei angespannt und gereizt zu sein, um bei einem Aufmerksamkeit erregenden Moment, reagieren zu können, so sollte auch das Denken gelassen, aber im Falle einsatzbereit bleiben, was wir in der Gedankenschule zu erreichen versuchen. Hierzu wird es sich wiederholt in gewissen Abständen korrept auf der skrutar bewussten Ebene finden lassen. Im abgebildeten Konszientogramm wurde dies eingezeichnet.

Dieses wäre nun ein idealisierter Ausschnitt eines Zeitraums mit perfektem schlichtem Genuss. Alles Störende bleibt unbewusst (angedeutet durch die graue Farblinie, welche hier für einen potentiellen störenden Gedankenfluss steht), der vom zu genießenden Ereignis gespeiste Denkfluss bleibt skrutar bewusst ("Wie schön der Abend ist! Diese Stille und dazwischen das Singen der Nachtigall! Und gemütlich habe ich es hier auf der Bank vor dem Haus!" und in dieser Art weiter in gewisser Weise kommentierend in Anlehnung an unser allererstes Beispiel), und das Denken selber bleibt größtenteil disserp imperzept bewusst und blitzt nur ab und zu korrept im skrutaren Bewusstsein auf ("Hey, ich denke an nichts anderes und genieße nur!"). Ähnlich sollte sich das Denken auch bei der sinnhaften Beschäftigung mit Investigation verhalten. Wir hatten das Konszientogramm zur sinnhaften Beschäftigung ohne Investigation gesehen. Als Gedankenschülerin und Gedankenschüler kommt dies für uns nicht mehr in Frage; wenigstens korrept hält sich das Denken bei der Investigation auf der skrutar bewussten Ebene auf. Das Konszientogramm wird also um diese korrepten senkrechten Farblinien ergänzt, wobei das korrept skrutar bewusste Denken für diesen Moment auch den zum Ereignis gehörigen Gedankenfluss skrutar bewusst macht. Die meiste Zeit bleibt das Denken aber disserp imperzept bewusst wie auch die Gedankenflüsse.

Die eingezeichneten senkrechten Farblinien - viermal wirklich nahezu punktuell (korrept), zweimal mit kurzem Verweilen im skrutaren Bewusstsein - kennzeichnen unseren Fortschritt in der Gedankenschulung bei der Investigation; die korrepten Momente sind nicht so sehr wirklich skrutar bewusste Wahrnehmung unseres Denkens als vielmehr die Indikatoren Ihres Lernerfolgs in der Gedankenschule, da so der imperzept bewusste Gedankenfluss der sinnhaften Beschäftigung immer wieder auch kurz skrutar bewusst wird, was zu einem wenn auch nicht so starken schlichten Genuss führen kann. Dass hiervon auch die Bemerkkraft ausgeht, dürfte einleuchten und soll an anderer Stelle berücksichtigt werden, wenn es um sinnfreie Denkflüsse und unerwünschte geht. Übung VII ist mit der dauerhaft skrutar bewussten sinnhaften Beschäftigung natürlich nicht für den alltäglichen Gebrauch gedacht, sondern nur zur expliziten Gedankenschulung.
Die "korrept-skrutare Bewusstmachung", wie ich die senkrechten gelben Farblinien ohne Ausdehnung (des Denkens) im skrutaren Bewusstsein nennen möchte, sind ein wichtiges Werkzeug der Gedankenschulung.
Sie können auch dazu dienen, uns positive Zustände öfter oder überhaupt besser bewusst zu machen. "Heute habe ich frei, das ist schön!", "Wie gut, dass ich mir heute etwas leckeres kochen kann!", "Was ich für schöne Klamotten anhabe, damit macht es richtig Spaß durch die Stadt zu gehen.", "Ein Glück, dass es mir im großen und ganzen echt gut geht." und "Toll, dass ich gesund bin!" Die Vorgehensweise, sich schöne Dinge bewusst zu machen, ist nichts unbekanntes. Sie hat aber auch in der Gedankenschule ihren Platz, und es dürfte klar sein, dass wir umso erfüllter Leben, je mehr wir uns über Schönes skrutar bewusst werden, und nichts anderes bewirkt ja das Aussprechen (innerlich oder auch stimmhaft) derartiger Feststellungen. Die häufige und effektvolle korrept-skrutare Bewusstmachung ist also auch in dieser Hinsicht ein wichtiges Ziel, in diesen Fällen mit der Wirkung, dass wir Gedankenflüsse aufgrund schöner Ereignisse, Um- oder Zustände ins skrutare Bewusstsein holen, was dem schlichten Genuss gleichkommt. Ihr skrutar bewusst wählender Wille wünscht sich - nicht zuletzt aufgrund Ihrer Ausbildung in der Gedankenschule - also grundsätzlich, dass häufig Gedanken an lobenswerte Um- und Zustände in Ihrem Leben skrutar bewusst = schlicht genossen werden können. Aber woher kommen diese Gedankenflüsse? Sind sie imperzept bewusst vorhanden? Wie kommen sie auf die skrutar bewusste Ebene? Es zeigt sich, dass diese Gedanken aus dem Unbewussten geholt werden müssen, wo sie mit einem gut überwindbaren osmotischen Widerstand durchaus präsent sind. Es bedarf lediglich mindestens der korrept-skrutaren Bewusstmachung, um diese Gedankenflüsse für einen kurzen Moment nach ganz oben zu holen. Sicherlich kann man auch länger an etwas Schönes denken - uns geht es aber in diesem Kapitel nur darum, die alltägliche sinnhafte Beschäftigung mit einigen Bonbons schlichten Genusses etwas aufzupeppen, und dafür sind Sätze, wie die Beispiele oben sie umreißen, als Werkzeug der korrept-skrutaren Bewusstmachung angemessen wirksam und ausreichend. Wenngleich diese Gedankenflüsse, wie eben erwähnt, recht gut aus dem Unbewussten zu holen sind, nenne ich die dazu nötige Kraft die doppelt-osmotische Entfesselungskraft. Letzteres, weil wir sie ja durchaus mit einem gewissen Aufwand (quasi dem Lösen des Fesselstrickes) hervorholen, und doppelt-osmotisch, weil sie direkt vom Unbewussten ins skrutare Bewusstsein gehoben werden, also zwei Grenzen überschreiten. Der Kraftaufwand ist wie gesagt sehr gering, deshalb ist die Ausdehnung auch nur kurz, was aber in diesem Falle auch nicht anders beabsichtigt ist. Der Gedankenfluss verabschiedet sich nach kurzem schlichtem Genuss wieder ins Unbewusste, womit die korrept-skrutare Bewusstmachung ihr Ziel vollends erreicht hat. Im Konszientogramm oben wird ein imperzept bewusster Gedankenfluss durch die korrept-skrutare Bewusstmachung auf die oberste Ebene gehoben, ist kurz skrutar bewusst und fällt dann wieder ab. Insofern hier genusshafte Elemente enthalten sind, kann auch in diesen Fällen vereinzelt die sinnhafte Beschäftigung wirksam aufgewertet werden. Bei der doppelt-osmotischen Kraft pickt sich der sbwW - im Laufe der Zeit auch der ibwW - aber gezielt Ereignisse, Um- und Zustände aus dem Unbewussten heraus, die zu einem kleinen aber feinen schlichten Genuss führen. Das Konszientogramm sieht dann so aus:

Eine Praxisanwendung PX7 = korrept-skrutare Bewusstmachung durch doppelt-osmotische Entfesselungskraft liegt hier auf der Hand. Versuchen Sie bitte immer wieder, den ganzen Tag über sich schöne Ereignisse, Um- und Zustände in Ihrem Leben kurz skrutar bewusst zu machen, indem Sie einen Satz, wie ich sie oben beispielhaft angegeben habe, artikulieren, z.B.: "Wie herrlich, dass es Heizungen gibt!"
Um wieder etwas Abwechslung in unsere Studium zu bringen, wechseln wir nochmals den Schauplatz und wenden uns erneut dem unfreien Willen zu. Im vorletzten Diagramm auf der zweiten Seite war im Zusammenhang mit der Refutation noch von der Hochstapelei und der Vorauseilung die Rede.
Nehmen wir uns zunächst die Vorauseilung vor: angenommen Sie können ein gegenwärtiges Ereignis schlicht genießen, z.B. "Wie schön es ist, mal 15 Minuten einfach auf dem Sofa sitzend auszuruhen. Und angenehm warm ist es im Wohnzimmer, die Abendsonne scheint noch zum Fenster herein.....", da schleicht sich der unfreie Wille mit einem Gedankenfluss ein, der etwas zukünftiges vorwegnimmt: "Gleich mache ich das Abendbrot und dann muss ich auch schon wieder los zum Dienst. Es wird wieder eine lange Nacht bei so vielen Dingen, die zu erledigen sind!" In diesem Moment hat der unfreie Wille es mit dringlicher Kraft geschafft den Gedankenfluss an die angenehme Gegenwart gegen einen Gedankfluss an weniger angenehmes in der Zukunft auszutauschen. Manchmal braucht er dazu noch nichtmals etwas, das weniger angenehm ist: "Morgen nachmittag werde ich mich auch ein halbes Stündchen im Sofa erholen und nach dem Dienst bleibt mir womöglich auch noch eine Viertelstunde zum Entspannen..." Anstatt dem schlichten Genuss des "Jetzt" weiter anzuhängen, planen Sie für morgen, noch gar nicht wissend, was morgen sein wird. Ich denke, die Weisheit, in der Gegenwart zu leben und nicht ständig in der Vergangenheit (vgl. Hättewärewenn) oder der Zukunft (siehe auch "Hoffentlich"), ist uralt und braucht hier nicht weiter ausgeführt zu werden. Wir wenden Sie hier lediglich in der Übung VIII = Vorauseilung vermeiden an, indem Sie sich durch ihre Bemerkkraft schnell klar werden, dass Sie einen die Gegenwart betreffenden Gedankenfluss - womöglich mit schlichtem Genuss - gerade durch einen auf die Zukunft zielenden Gedankenfluss ersetzen, wiewohl alles, was in der Zukunft liegt, ungewiss ist.

Wenn es um die Vorfreude geht, dann ist selbst hier Vorsicht geboten, da in ihr viel vom "Hoffentlich" steckt; d.h. nicht, dass man sich auf gar nichts mehr freuen sollte: ein Gedankenfluss, der sich in der Gegenwart mit einem freudig erwarteten zukünftigen Ereignis beschäftigt, kann als "gegenwärtiges Ereignis" eingestuft werden, wiewohl man nie weiß, ob das freudig erwartete Ereignis am Ende die Erwartungen erfüllen kann. Sich auf einen bevorstehenden Urlaub zu freuen, ist sicherlich angemessen; wenn er dann aber verregnet ist, ist die Enttäuschung umso größer. Dies ist ein heikles Thema, was über die Inhalte der Gedankenschulung ein bisschen hinausgeht. Ohne Vorfreude wäre das Leben sicher ärmer; seine Freude auf Gegenwärtiges stützen zu können, ist aber wünschenswerter. Schönes in der Vergangenheit ist da besser geeignet, um es zu Gegenwärtigem zu machen, indem man es deutlich bewusst in der Erinnerung aufleben läßt (nicht zuletzt durch Bilder) oder sich Fotos und Videos anschaut und somit nochmals in eine vergangene Zeit (z.B. Urlaub des letzten Jahres) eintaucht. Unschönes in der Vergangenheit - also schlechte Erinnerungen - statten den unfreien Willen dagegen mit höherer dringlicher Kraft aus; die Übungen IV und V mit der Verdeutlichung, dass wir Vergangenes in keinem Falle mehr ändern können, leisten hier ihren Beitrag. Jetzt habe ich unter dem Thema "Vorauseilung" einen kleine Abschweifer in die Vergangenheit - Gegenwart - Zukunft - Problematik gemacht, der aber recht gut hierher passt. In Übung VIII geht es aber nur darum, zu bemerken, ob man sich sinnloserweise mit etwas Zukünftigem beschäftigt, während die Gegenwart Bedenkens- und Beachteswerteres bietet.
Jetzt wenden wir uns dem noematologischen Themenpaar "Mischform" und "Mischlauf" zu. Beides sind keine Unbekannten, wiewohl der Begriff "Mischlauf" neu ist. Wir kennen schon die Mischform in Bezug auf den schlichten Genuss, der sowohl in der Stärke des Genusses variiert, als auch den besonderen Genuss sowie die sinnhafte Beschätigung streifen kann und in einem Diagramm auf der vorhergehenden Seite dargestellt ist.
Die Mischform des Denkflusses der sinnhaften Beschäftigung sieht ähnlich aus: ein und derselbe Denkfluss schwankt zwischen verschiedenen Graden der Sinnhaftigkeit und streift dabei möglicherweise auch oben den schlichten Genuss und unten die Sinnlosigkeit. Ich möchte als zusätzliche Art der Mischform noch die "osmotische Mischform" einführen, die, wie sich leicht herleiten lässt, einen Denkfluss beschreibt, der grenzüberschreitend von genussreich-sinnhaft nach sinnfrei-unerwünscht-störend überfließt oder auch umgekehrt, was aber seltener ist.

Als Beispiel für einen Denkfluss, der vom genussreichen zum störenden wird, kann der Ohrwurm erwähnt werden: ein Lied, welches wir eben noch mit Freude mitgesungen haben, nistet sich als Ohrwurm im Gehirn ein und lässt sich nicht mehr abschütteln. Womöglich eine spezielle Musikerkrankheit. Ich persönlich habe mir hier ein Gegenlied erfunden: "Das Lied muss raus, das Lied muss raus, das Lied muss raus!" singe ich dann (innerlich, denn der Ohrwurm ist ja auch nur innerlich aufdringlich), und das klappt tatsächlich in vielen Fällen, manchmal aber erst nach mehreren Versuchen. Der Ohrwurm ist ein sehr spezielles Neckinstrument des unfreien Willens. Das Diagramm macht die Mischform des Denkflusses anschaulich: in orange ein nur graduell unterschiedlich sinnhafter Denkfluss, türkis der Ohrwurm und in braun eine osmotische Mischform. In der Gedankenschulung werden wir uns allerdings weiterhin an die schematische Darstellung mit waagerechten Farblinien halten, die vollkommen ausreichend ist, um daraus didaktische Ziele herleiten zu können.
Wichtiger für unsere Betrachtungen ist der "Mischlauf", den wir schon aus einigen Konszientogrammen kennen. Verschiedene Denkflüsse wechseln sich beim Mischlauf ab. Dass dies eine häufige Form unseres Denkens ist, lässt sich leicht nachvollziehen. Nur selten ist es ein einziger ruhig dahinfließender Strom wie die Weser oder der Bach auf den Fotos, welche jeweils ganz oben rechts die Seiten eröffnen. Wenngleich es in unserem Kopf ebenso unaufhörlich fließt, wie das Wasser im Fluss oder Bach, so sind es doch unterschiedliche Ereignisse, welche den Gedankeninhalten zugrunde liegen; daher spreche ich vom Mischlauf der Gedankenflüsse, also von mehreren verschiedenen, welche sich abwechselnd zu einer durchgehenden Linie verbinden, wie es in den Konszientogrammen auch dargestellt ist: man kann lückenlos auf Farblinien von links nach rechts kommen (auch wenn man die gelbe Denk-Linie nicht miteinbezieht). Mischlauf gibt es zwischen gleichrangigen und verschiedenrangigen Denkflüssen: es können sich erwünschte sinnhafte Denkflüsse im imperzepten Bewusstsein ablösen, wenn Sie z.B. daran denken, wie Sie den Tisch möglichst ansprechend für erwartete Gäste herrichten und anschließend Ihre Überlegungen bezüglich eines zu kaufenden Geschenks für Ihre in einer Woche Geburtstag feiernde Schwiegermutter folgen lassen. Möglich sind auch schlicht-genussreiche Denkflüsse aus verschiedenen Ereignissen, die sich auf der skrutar bewussten Ebene abwechseln, wie wenn Sie beispielsweise bei einem herrlichen Sonnenuntergang als Beifahrerin oder Beifahrer im Auto gleichzeitig ein tolles Lied im Radio hören. Leider kommen auch sinnfreie und unerwünschte Gedanken nicht selten allein. Neben diesem Mischlauf von gleichrangigen Gedankenflüssen, können sich ebenso Gedankenflüsse abwechseln, die bei der Axiosis unterschiedlich abschneiden, was wir ja schon kennen: Sie wollen das Duschbad genießen, aber der zugehörige Gedankenfluss wird durch einen störenden verdrängt. Das Beispiel mit dem Autokauf und dem schönen Abend ganz zu Beginn ist ein ähnliches Beispiel eines sogenannten different-axiotischen Mischlaufs im Gegensatz zum kompar-axiotischen Mischlauf gleichrangiger Gedankenflüsse. Im folgenden Diagramm sind der Einfachheit halber die verschiedenen Gedankenflüsse in ihrer zeitlichen Dauer nahezu gleich dargestellt; die gestrichelten senkrechten Farblinien deuten das Auftauchen aus dem Unbewussten sowie das Wiederabtauchen dorthin an, welches beim Wechsel der Denkflüsse im Kopf stattfindet. Da es sich hierbei nicht um ein Konszientogramm handelt, sind die waagerechten Farblinien beim different-axiotischen Mischlauf nicht durchgehend gezeichnet, sondern auf die verschiedenen Rangebenen der Axiosis verteilt zu finden, wodurch - und das ist der Sinn dieses Diagramms - deutlich wird, wie sich Denkflüsse gleichen oder verschiedenen Ranges ablösen können. Natürlich kann auch ein kompar-axiotischer nach einer Weile in einen different-axiotischen Mischlauf übergehen und umgekehrt (hierzu bräuchte man nur die senkrechte Unterteilung zwischen den ersten drei Felder wegnehmen). Da wir in der Regel den kompliziertesten Fall der Anhäufung von noematologischen Phänomenen annehmen dürfen, sollen Vereinfachungen in der Darstellung dazu führen, einen Überblick zu erhalten, aus welchen noematologischen Komponenten sich unser Denken zusammensetzt. Für den unteren, grauen Bereich ist jeweils eine der drei Eigenschaften beispielhaft eingesetzt worden.

Die Dauer der einzelnen Denkflüsse variiert natürlicherweise. Dieses möchte ich im folgenden Diagramm darstellen. Hier spare ich mir die senkrechten gestrichelten Farblinien und lasse die verschiedenen Denkflüsse im kompar-axiotischen Mischlauf direkt ineinander übergehen, was aber nicht zur Verwechslung mit der Willensmutation im Konszientogramm führen darf. Dort handelt es sich um ein und denselben Denkfluss, hier sind durch verschiedene Farben einer Linie mehrere unterschiedliche Denkflüsse gemeint. Den different-axiotischen Mischlauf deute ich dadurch an, dass die Linien um eine Linienstärke nach oben (Genuss) oder unten (Störung) versetzt eingezeichnet sind.

Je mehr noematologische Phänomene gleichzeitig betrachten werden sollen, desto komplizierter wird es verständlicherweise. Sie sehen in diesem Diagram nun verschieden lange Farblinien, die sich parallel zur Zeitachse aneinanderreihen. Ihre Axiosis ist nur durch leichten Versatz nach oben oder unten angedeutet, die unterschiedliche Dauer aber gut erkennbar, wenn auch nur mit beispielhaften Längen. Interessant wird es nun aber, wenn wir der Zeit-Skala verschiedene Faktoren zumessen. Dadurch erhalten wir die drei abgebildeten Arten des Denkflusses in Bezug auf seine jeweilige Dauer, vor allem aber in Bezug auf den Mischlauf: ruhiger, quirliger und oszillierender Denkfluss.
Selbstverständlich gibt es de facto wieder eine Mischform des Mischlaufs, deren Wechsel wiederum zeitlich sehr unterschiedlich sein kann. Damit nähern wir uns schon wieder etwas mehr dem tatsächlichen Geschehenn in unseren Köpfen. Um noch weitere noematologische Komponenten gleichzeitig erfassen zu können, müßten wir dann drei- oder vierdimensionale Diagramme entwerfen, was aber der Übersicht nicht zuträglich wäre. Nehmen wir also die drei unterschiedlichen Faktoren im Diagramm als mögliche Zuordnungen an, so ergeben sich drei "Fasen":
die ruhige Fase des Denkflusses (ruhiger Denkfluss), die quirlige und die oszillierdende. Der Begriff Fase berücksichtigt schon wieder den Umstand, dass ein ruhiger Denkfluss von einem quirligen abgelöst werden kann und umgekehrt. Der oszillierende Denkfluss kommt nach meinem Dafürhalten im Alltag kaum vor, er kann aber durchaus auch fasenweise generiert werden, dazu gleich mehr. Eine Fase kann natürlich lange anhalten, wenn man z.B. lange in ruhigen Gewässern schifft, will sagen, einen Denkfluss langezeit ungestört aufrecht erhalten kann - im negativen kann dies aber auch heißen, dass ein störender Denkfluss lange Zeit von uns Besitz ergriffen hat, der wählende Wille also effektiv gefesselt ist.

Das Diagramm zur Mischform des Mischlaufs zeigt aber, wie z.B. die Quirligkeit gemäßigter wird (ansteigende Linie), bis der Mischlauf ruhig wird, dann wieder zunimmt (Linie fällt ab) bis nahe ans Oszillieren. Die drei willkürlich gesetzten Faktoren im Diagramm darüber sollen nur die etwaigen Grenzen zwischen den Fasenbezeichnungen darstellen. Die Übergänge werden dann mit sehr quirlig (nach unten) oder leicht quirlig (nach oben) eingeleitet, während im oberen Bereich auch noch zwischen ziemlich ruhig und sehr ruhig etc. differenziert werden kann, was aber für unsere Zwecke der Anschauung nicht besonders viel bringt. Wir wissen, dass die Übergänge fließend sind, könen aber mit den schematischen waagerechten Farblinien gut arbeiten. Beim Oszillieren sind die Unterschiede sowieso kaum noch signifikant. Etwas verwirrend ist nun, dass bei Abnahme der Quirligkeit die Linie ansteigt; das liegt einfach daran, dass ich den ruhigen Mischlauf als wünscheswertesten ganz nach oben gesetzt habe. Dies war eine willkürliche Entscheidung, welche auch ihre Probleme mit sich bringt. Denn wünschenswert ist ein ruhiger Denkfluss und ein ruhiger Mischlauf nur dann, wenn es sich um genussreiche oder sinnhafte Denkflüsse handelt. Für die sinnfrei-unerwünscht-störende Seite gilt dies ja in keinem Falle. Ein Vorhandensein von unerwünschten und störenden Gedankenflüssen wird in der Gedankenschulung stets negativ bewertet, egal ob die Fasen ruhig, quirlig oder oszillierend sind. Und da das Ziel der Gedankenschulung nicht zuletzt genussreiche und sinnhafte ruhige Gedankenflüsse und Fasen sind, habe ich die Aufteilung des Diagramms so gewählt, zumal insofern eine Abnahme der Quirligkeit eine Verbesserung darstellt, die Linie also nach oben steigen lässt. Die Mischform nur der Vollständigkeit halber im Hinterkopf behaltend wenden wir uns wieder dem Diagramm darüber zu. In einer ruhigen Fase oder beim ruhigen Gedankenfluss (Fase und Gedankenfluss bezeichnen dasselbe; der Begriff Fase beinhaltet lediglich, dass der Zeitfaktor nicht konstant ist, d.h. dass, wie im Mischform-Diagramm dargestellt, eine ruhige Fase von einer quirligen abgelöst wird und umgekehrt) mit einem angenommenen Zeitfaktor von 1 Minute (gelber Pfeil) dauert der erste sinnhafte Gedankenfluss 2 1/2 Minuten, bevor ein unerwünschter ihn für 4 1/2 Minuten verdrängt. Weiter hinten sehen wir (in grün) auch einen knapp vier Minuten andauernden genussreichen Gedankenfluss usf. Dies wäre also ein ruhiger Gedankenfluss, der bei Annahme des zweiten Zeitfaktors (gelb-grüner Pfeil) schon recht quirlig ausfällt: der sinnhafte Gedankenfluss wird hier schon nach etwa 12 Sekunden vom unerwünschten verdrängt, wobei er aber nach ca. 23 Sekunden schon wieder die Oberhand gewinnt usw. Der Pfeil in orange wurde nur zum Vergleich hinzugefügt, denn oszillieren können eigentlich nur zwei verschiedene Gedankenflüsse und nicht so viele, wie im Diagramm eingezeichnet. Der oszillierende Gedankenfluss taucht im Alltag auch kaum als Fase auf (daher habe ich ihn im Mischform-Diagramm auch unberücksichtigt gelassen), da - so meine Erfahrung - er nur mehr oder weniger künstlich hergestellt werden kann. In der Regel befindet sich nur ein Gedankenfluss gleichzeitig in unserem Kopf. Mehr geht auch gar nicht. Ich hatte zwar das Phänomen geschildert, bei dem ich am Klavier improvisierend mit den Gedanken völlig woanders war, aber hier fehlt der Musik eben gerade der Gedankenfluss, so dass nur der ablenkende da war. Nur scheinbar sind wir in der Lage zwei Gedankenflüsse zu führen, in Wirklichkeit oszillieren sie, und mehr als zwei sind für den normal-Menschen wohl nicht machbar, wiewohl ich Ausnahmen nicht ausschliessen kann. Es ist sehr leicht, sich zwei oszillierende Gedankenflüsse herzustellen: sagen Sie sich laut ein Gedicht auf, dass sie auswendig können, und denken Sie gleichzeitig an dass, was Sie in Kürze einkaufen müssen, damit die Vorräte im Kühlschrank wieder aufgefüllt werden. Das funktioniert, wenn auch etwas holprig. Dasselbe geht auch mit zwei Gedankenflüssen ohne laut zu sprechen, z.B. denken Sie gleichzeitig daran, wie sie die Blumenkästen auf dem Balkon in diesem Jahr bepflanzen wollen und wohin sie vielleicht heuer gerne verreisen würden (oder irgendetwas in dieser Art aus Ihrem Lebensalltag). Satzfetzen von diesem lösen sich mit Satzfetzen von jenem Ereignis ab; das Gehirn kann aber mit Leichtigkeit beide Gedankenflüsse als zusammenhängende verfolgen. Irgendwie ist es aber doch etwas anstrengend und ungemütlich. Ich glaube im normalen alltäglichen Denkgeschehen beschränken wir uns auf einen Gedankenfluss. Leider musste ich allerdings feststellen, dass der unfreie Wille sich manchmal der Oszillation bedient: wenn ich nämlich durch lautes Sprechen über ein gewähltes Ereignis einen unerwünschten Gedankenfluss unterdrücken wollte, musste ich oftmals bemerken, dass ich zwar von einem gewählten Ereignis sprach, aber der unerwünschte Gedankenfluss oszillierend immer noch präsent war und schließlich mein Sprechen sogar nahezu unbewusst werden ließ.
Im Zusammenhang mit dem Handeln und Tun - offenbar auch mit dem Sprechen - ist die Oszillation, wie jede und jeder aus eigener Erfahrung weiß, etwas alltägliches: wir backen einen Kuchen und hören Musik dabei, wir machen eine Handarbeit und unterhalten uns gleichzeitig mit jemandem, wir machen zwei - oder mehr - Tätigkeiten parallel (Multi-Tasking) usw. usf. In all diesen Fällen oszillieren die Gedankenflüsse, so dass es uns vorkommt, als würden wir zwei oder mehr Gedankenflüsse gleichzeitig führen. Für die Gedankenschulung können wir auch tatsächlich so tun, als handelte es sich um eigenständige Gedankenflüsse, wenn nämlich einer der oszillierenden ein unerwünschter Gedankenfluss ist, müssen wir uns ja um ihn kümmern. Nehmen wir an, wir denken an etwas sinnfreies und hören Musik nebenbei, dann oszilliert unser Gedankenfluss, wenn nicht die Musik unbewusst d. h. ungehört verhallt. Für die Gedankenschule können wir hier den sinnfreien Gedankenfluss berücksichtigen, als wäre er allein, um ihm mit Refutation zu begegnen, wenn der wählende Wille dies veranlasst. Wir werden also hier in der Gedankenschule hauptsächlich von den quirligen und den ruhigen Fasen sprechen, wobei z.B. ein sinnhafter Gedankenfluss, der mit einem zu einer gleichzeitig verrichteten Handlung gehörenden oszilliert, als ruhige, einzeln zu betrachtende Fase angesehen werden kann. Dass zwei reine Gedankenflüsse, die nicht im Zusammenhang mit einer Tätigkeit stehen, konkurrierend oszillieren, kommt meines Erachtens kaum vor, so dass wir die Oszillation in der Gedankenschulung nur am Rande zu berücksichtigen haben, wenn z.B. ein störender Gedankenfluss eine Tätigkeit stört, wie bei dem Beispiel mit der Klavierimprovisation. Hier können wir aber den störenden Gedankenfluss wie einen durchgehenden behandeln, zumal er durch Zurückdrängen des gewünschten ins Unbewusste die Oszillation auch häufig übergehen läßt in einen mit hohem dringlichem Widerstand versehenen, sich allein im imperzepten Bewusstsein disserp breitmachenden, sinnlosen Gedankenfluss.
Wie im Pfeil im Mischform-Diagramm bemerkt, ist auch die Fasenlänge wieder unterschiedlich möglich. Man könnte fast ebenso von ruhigem Fasenwechsel und quirligem Fasenwechsel sprechen, was bedeuten würde, dass lange ruhige Fasen von langen quirligen Fasen abgelöst werden bzw. kurze ruhige von kurzen quirligen, je nachdem wie ich den Zeitfaktor im gelb-gelbgrünen Pfeil unter dem Mischform-Diagramm ansetzen würde. Es liegt aber auf der Hand, dass es in Wirklichkeit noch verwirrender ist: ein ruhiger (ungestörter) Gedankenfluss kann lange anhalten, bis verschiedene auftretende Ereignisse eine quirlige Fase mit verschiedenen Gedankenflüssen hervorrufen, was nach dem verschwinden der Ereignisse allmählich wieder in eine ruhigere Fase übergeht, die aber aus mehreren verschiedenen Denkflüssen bestehen kann. Dann konzentrieren wir uns auf eine Arbeit, so dass lange Zeit ein Denkfluss zu diesem Ereignis besteht, als dieser durch Geräusche oder irgendwelche Zwischenfälle plötzlich wieder in eine quirlige Fase übergeht und so weiter und so fort. Hier stößt die Darstellbarkeit im zweidimensionalen Diagramm langsam an ihre Grenzen und ihre Aussagemöglichkeit. Sehr vereinfacht versucht das nächste Diagramm die Vielfalt der Möglichkeiten anzudeuten.

Hier begegnen wir nur auch wieder unseren zu Beginn der Gedankenschulung eingeführten Begriffen der Ausdehung und des dringlichen Widerstandes. Wenn ich den ruhigen Gedankenfluss und die ruhige Fase als die wünschenswertesten Denkformen für den Genuss und die sinnhafte Beschäftigung bezeichne, dann heißt das nichts anderes, als dass eine große Ausdehnung erzielt werden soll. Der dringliche Widerstand hingegen soll gebrochen werden, eben damit die Ausdehnung lange vorherrschen kann. Demnach sollten wir versuchen, dem dringlichen Widerstand etwas entgegenzusetzen, ganz gleich ob er sich langanhaltend behaupten will und den Willen streng gefesselt hat oder ob er in einer quirligen Fase immer und immer wieder auftaucht und somit in summa auch viel zu viel Platz einnimmt. Mit der Gedankenschulung sind wir hier recht gut am Ball.
Allmählich verdichten sich die Lerninhalte, die Übungen und die Ziele der Gedankenschule, sodass wir nun noch einmal auf den Willen zu sprechen kommen: letzten Endes hängt unser Erfolg in der Gedankenschule davon ab, wie gut geschult unser wählender Wille am Ende dasteht.

Ich stelle hier einfach mal die optimistische Hypothese auf, dass wir, wenn wir den skrutar bewusst wählenden Willen schulen - denn er ist der einzige, auf den wir unmittelbar Einfluss nehmen können -, der imperzept wählende und sogar der unbewusst wählende Wille davon positiv beeinflusst werden und ebenfalls profitieren, was sich allerdings nur schwer nachweisen lässt. Mit dem Willen ist das ja so eine Sache, das kennen Sie sehr gut auch aus dem Bereich Tun und Handeln: schon alleine der Broterwerb und manche alltägliche Erfordernis deckt sich nicht mit dem, was wir gerne wollen. Nehmen wir an, Sie wollen an diesem Nachmittag eine Freundin besuchen, plötzlich hustet die kleine Tochter so stark, dass sich ein Arztbesuch nicht vermeiden läßt. Oder sie wollen in möglichst kurzer Zeit in Wuppertal sein, stehen aber derweil seit 20 Minuten im Stau. Andermal sagen Sie sich: "Dieses Stück Schokolade will ich nur noch essen, den Rest der Tafel lege ich in den Schrank zurück, wo er bis morgen unangetastet liegen bleibt." Und irgendwann verwischen auch schon die Grenzen zwischen Handeln und Denken: "Ich will mich nicht mehr über die Radfahrer ärgern, die auf der unübersichtlichen Straße radeln müssen, obwohl nebenher ein gut ausgebauter Radweg verläuft!" Die Tafel Schokolade ist nach einer Viertelstunde verschwunden und der nächste Straßenradler wird doch wieder mit Wut im Bauch überholt. Der unfreie Wille treibt hier wie dort sein Spiel; die dringliche Kraft beruht manchmal auf wirklich dringlichen Ereignissen (Broterwerb, krankes Kind), manchmal auf zu starken Reizen (Schokolade u.ä.m.) und manchmal auch einfach auf der fehlenden Kraft des wählenden Willens. Diese Kraft heißt die "Wählkraft", auch "Wahlkraft" oder "Wollen" genannt. Ihre Zusammensetzung ist Ihnen als Gedankenschülerin und Gedankenschüler nicht unbekannt: durch Investigation und erforderlichenfalls Bemerkkraft (quasi das "Sonderkommando" der Investigation) wird die Entfesselungskraft aktiviert und unter Ausnutzung der erkannten Refutationsmöglichkeiten dem unfreien Willen und seinem dringlichen Widerstand Paroli geboten, womit der dringlichen Kraft Wirksamkeit verloren geht. Zur Schulung der Wahlkraft gehört außerdem die Axiosis, zumindest der subjektive Anteil. Der Broterwerb oder das kranke Kind, welches zum Arzt gefahren werden muss: beides sind Ereignisse, deren Rang sich objektiv ergibt. Hier braucht es keinen unfreien Willen, selbst wenn der wählende Wille eigentlich lieber etwas anderes hätte. Ebenso gibt es auch Denkflüsse, deren hoher Rang sich nicht leugnen läßt, auch wenn der zu ihnen gehörende Gedankenfluss höchst störend ist. Hiervon wird noch die Rede sein, zunächst bleiben wir aber beim "Normalfall", d.h. ohne die Einbeziehung von wirklich schlimmen Gegenereignissen.
Der unfreie Wille nutzt allerdings auch manche Ereignisse, um uns vorzugaukeln, sie wären hochrangig. In einem Diagramm weiter oben war diese "Hochstapelei" schon eingezeichnet. Sie gehört nun hierher, wenn wir davon sprechen, dass der wählende Wille die Axiosis gewissenhaft vornehmen muss. Er darf sich also nicht täuschen lassen und muss darum wissen, dass der unfreie Wille sich
aufzublähen versteht, wie Schopenhauer es in seiner Eudämonologie so schön ausdrückt. Es gilt nun alle Hilfmittel der Gedankenschulung anzuwenden, um den Tag so weit wie möglich mit gewählten, gewünschten Gedankenflüssen zuzubringen, was gleichbedeutend ist mit: sinnfreie, unerwünschte und störende Gedankenflüsse zu verbannen.

Mit diesem Diagramm kommen wir schon fast zum Abschluss des eigentlichen Lehrgangs der Gedankenschule. Wir werden uns noch mit dem "kulinarischen Genuss" beschäftigen und mit dem "schlimmen Gegenereignis". Zum Ende der Gedankenschulung möchte ich dann noch hier und da einen Blick auf zu unserem Thema passende Stellen in der Literatur werfen.
Nehmen wir uns nun aber das zusammenfassende Diagramm vor: dem wählenden Willen habe ich abschließend "sinnreiche" Gedankenflüsse zugeordnet, dem unfreien "sinnlose". Die G8 der Refutation sind im Refutations-Pfeil mit der Bloßstellung der sinnlosen Gedanken zusammengefasst. Der Ausruf "Sinnlose Gedanken!" steht also für eine oder mehrere der acht Refutationsmöglichkeiten (Hättewärewenn, Hoffentlich, Nulleffekt, Willensmutation, Wiederholung, Hochstapelei, Vorauseilung, Lächerlichkeit), je nachdem welche davon greifen. Er kann auch in der gesamt-Praxisanwendung der Gedankenschulung PXG jeweils der einzelnen voran- und/oder nachgestellt werden: "Sinnlose Gedanken! Diese Gedanken richten nichts aus! Lächerliche Überlegungen! Sinnlose Gedanken!", um die dringliche Kraft zurückzudrängen und den dringlichen Widerstand zu schwächen. Die korrept-skrutare Bewusstmachung durch doppelt-osmotische Entfesselungskraft wird in PXG durchgehend geübt. Die korrept-skrutare Bewusstmachung als Teil der Investigation wird zusammen mit dem Training der Wachsamkeit von Investigation und Bemerkkraft weiter im Brennpunkt des Übepensums stehen. Die für Sie noch jüngste Komponente der Gedankenlenke ist die Wählkraft. Es gilt von nun an - wir hatten die Bewertung in den Übungen am Anfang noch zurückgestellt - die Axiosis mit der Investigation fest zu verkoppeln. Das soll wenn möglich auch irgendwann in stärkerem Umfang korrept-skrutar bewusst passieren. Dazu bedarf es aber der häufigen Praxis. Sie machen sich also in PXG Ihre Gedankenflüsse skrutar bewusst, um sie alsbald mit einem axiotischen Rang zu versehen.

Ob Sie einen kompar-axiotischen oder eine different-axiotischen Mischlauf im Kopf haben, das ergibt sich erst durch die Investigation; wenn Sie aber einen different-axiotischen Mischlauf feststellen, kann sehr schnell die Bemerkkraft gefragt sein, jedenfalls wenn sich sinnlose Gedankenflüsse breitmachen wollen. Ein kompar-axiotischer Mischlauf im sinnhaften Bereich bedarf nur der korrept-skrutaren Bewusstmachung; aber jegliche Lässigkeit der Investigation bietet dem unfreien Willen die Möglichkeit, den wählenden Willen hinterrücks zu fesseln, und dann geht es Ihnen mit dringlicher Kraft an den Kragen, bis sich Ihre Bemerkkraft endlich wieder aufrappelt. Die Axiosis verhindert durch eine gestärkte Wahlkraft, dass der unfreie Wille mit seinen Tricks (wie auf dem Foto links) zum Zuge kommt. Außerdem kann jeder disserp auftretende sinnhafte Denkfluss irgendwann sinnfrei werden, was der Bemerkkraft nicht entgehen darf, da der unfreie Wille die Willensmutation nicht ungenutzt lassen wird. Schließlich und endlich - ich habe es nicht im Diagramm mit aufgenommen, um die Übersichtlichkeit nicht weiter zu gefährden - wäre eine Abnahme der Quirligkeit vor allem im genussreichen und sinnhaften Bereich erstrebenswert, so dass wir am Ende in unseren Köpfen oftmals sinnreiche ruhige Gedankenflüsse haben und kaum noch sinnlose Gedanken und quirlige Fasen.

Unser - womöglich utopisches - Leitziel müsste das im Bild rechts dargestellte sein: wir haben den unfreien Willen fest im Griff und keine dringliche Kraft wirkt mehr auf unser Wollen ein (der graue Rollkragen wird mit starker Refutation deutlich gezogen, während der rote Pullover unbehelligt bleibt). Das Wollen einer jeden Gedankenschülerin und eines jeden Gedankenschülers kann natürlich hier nicht auf einen Punkt gebracht werden; jeder Gedankenfluss, den Sie mithilfe der Gedankenschulung nun axiotisch betrachten, bekommt den ganz von Ihrem eigenen Maßstab abhängigen Rang zugemessen. Wenn Sie gerade eben noch einen Gedankenfluss für sinnvoll erachtet haben, so kann plötzlich ein neuer auftauchen, der dem ersten den Rang streitig macht. Wiewohl der oszillierende Gedankfluss auch beide Gedankenflüsse nebeneinander möglich machen könnte, so müssen wir doch annehmen, dass dies keine Lösung für den Alltagsgebrauch ist, wiewohl ich dass nur für mich behaupten kann und nicht weiß, ob das Führen von zwei oszillierenden Gedankenflüssen für viele Menschen durchaus gebräuchlich ist. Davon ausgehend, dass nur ein Gedankenfluss zu seinem Recht kommen kann, muss also der erste Gedankenfluss dem neuen weichen, wenn der axiotisch unterlegen ist, oder der zweite muss von seinem weiteren Auftreten abgehalten werden, wenn der erste wünschenswerter erscheint. Es ist hier gar nicht die Rede von einem sinnlosen Gedankenfluss: es geht um zwei sinnhafte Gedankenflüsse. Aber die Tatsache, dass mit einem ruhigen Gedankenfluss, wie wir ihn in der Gedankenschule anstreben, keine zwei Ereignisse gleichzeitig angemessen bedacht werden können, verlangt nach einer klaren Entscheidung des wählenden Willens mit Hilfe der Wahlkraft für einen und gegen den anderen Gedankenfluss. Diese Axiosis kann nur am skrutar bewusst wählenden Willen geschult werden; wie gesagt hege ich die Hoffnung, dass dadurch auch eine effektive Axiosis durch den imperzept, womöglich sogar durch den unbewusst wählenden Willen gefördert wird. Wir in der Gedankenschule müssen uns skrutar bewusst werden, welchen Rang wir unserem aktuellen Gedankenfluss im Vergleich zu einem neu auftauchenden geben. Andermal gilt es zu erkennen, dass ein disserper Gedankenfluss axiotisch wertlos, also sinnfrei ist und mittels Einsatz der Wählkraft durch irgendeinen sinnhaften ersetzt werden sollte. Durch die Axiosis verschieben sich scheinbar (ähnlich wie bei der Willensmutation) die Grenzen: ein eben noch sinnhafter Gedankenfluss wird plötzlich unerwünscht. Es geht uns hier nicht sofort an den Kragen, aber der unfreie Wille lauert natürlich auf diese Angriffspunkte: ein neuer axiotisch von Ihnen höher eingestufter Gedankenfluss wird von Ihrem Wollen zugunsten des eben noch gewünschten bevorzugt. Wenn Ihre Wählkraft entschieden genug zum Einsatz kommt, findet der Wechsel der Gedankenflüsse problemlos statt, wie es hunderte Male am Tag passiert, allerdings ohne dass wir uns dessen skrutar bewusst werden, was wiederum dem unfreien Willen Tor und Tür öffnet. Der Mischlauf der Gedankenflüsse ist ja an sich etwas alltägliches. Aus der Gedankenschule geht nun der axiotische Mischlauf der Gedankenflüsse hervor, welcher dann dazu führen soll, dass wir hauptsächlich einen gewählt-sinnreichen Gedankenfluss im Kopf haben. Bei der Rückbesinnung auf unser Diagramm zum Thema Mischlauf fällt auf, dass wir also im kompar-axiotischen Mischlauf grundsätzlich auch noch kleine Rangunterschiede vorliegen haben, da einer der Willen einen ablösenden Gedankenfluss dem abgelösten vorzieht. Bisweilen können diese beiden Gedankenflüsse nahezu gleich sinnhaft sein, aber die Entscheidung für oder gehen einen der beiden muss gefällt werden, womit auch ein Rangunterschied festgelegt wird, mag er noch so klein sein. Wovon er abhängt, das liegt wiederum an jeder und jedem Einzelnen. Ohne Gedankenschule werden die Menschen sich dieses ständigen Mischlaufs - häufig ein quirliger - nicht oder nur selten skrutar bewusst. Wir sind durch die Investigation inzwischen in der Lage axiotische Einschätzungen vorzunehmen oder auch rückwirkend zu erkennen, denn wenn der imperzept oder der unbewusst wählende Wille den Mischlauf bestimmt, dann kann die Investigation das nur in der Rückschau feststellen: "Da habe ich heute ständig an ..... denken müssen; das scheint mir ja doch wichtiger zu sein, als ich vermutete!" Oft lösen sich nahezu gleichwertige Alltagsgedanken ab, so dass eine skrutare Bewusstmachung gar nicht vonnöten ist. Die korrept-skrutare Bewusstmachung dienst ja als Hilfsmittel der Investigation vor allem dazu, die Fälle aufzuspüren, wo offensichtlich Gedankenflüsse hochrangiger als andere gehandelt werden, obwohl sie mir skrutar bewusst als deutlich minderwertiger vorkommen. Beim Genuss ist die Sache offenkundig: der Einsatz der Bemerkkraft ist hier ständig nötig, da jeder Gedankenfluss, der nicht zum Genusserignis passt, automatisch störend ist. Bei der sinnhaften Beschäftigung konkurrieren die Ereignisse dagegen oft auf einem sehr ähnlichen Niveau. Bisweilen lassen sich quirlige Fasen gar nicht vermeiden, aber auch hier bedarf es der Wählkraft, um diese quirligen Fasen nicht ausufern zu lassen.

Die PXG, also unsere Gesamt-Praxisanwendung muss nun alle Faktoren berücksichtigen. Im Hinterkopf haben wir auch immer noch die Prämisse, dass wir unseren Kopf auch nicht zu einem überempfindlichen, hyper-alarmbereiten Detektor machen sollen in Bezug auf unser Denken. Sie müssen Ihre Anforderungen an die Ergebnisse und Erfolge der Gedankenschule für sich selbst formulieren und das Feld abstecken. Beim Thema Genuss dürften wir sicher den größten Konsens erreichen. Die Abweisung der störenden Gedanken als ein weiteres großes Hauptziel ist ebensowenig strittig. Lediglich im Bereich der alltäglichen sinnhaften Beschäftigung mit ihrem ganz normalen Mischlauf, hier könnten einige sagen, gehe ihnen das dauerhafte Auf-der-Lauer-Liegen zu weit. Wenigstens die korrept-skrutare Bewusstmachung zur Aktivierung der Bemerkkraft im erforderlichen Falle halte ich für nötig. Die weitergehende Investigation für den gezielten Einsatz der Wählkraft bei allen - auch den alltäglich-sinnhaften - Gedankenflüssen mag dann vielleicht schon aus reinem Interesse an der Sache und nicht mehr notwendig geschehen. Hier kann jede und jeder selbst entscheiden, wie sie oder er es handhaben will, wie ja überhaupt von der gesamten Gedankenschule nicht der geringste Zwang ausgehen kann, da es ein freiwilliger, selbst gewählter Besuch ist.
Die Wirkung der Gedankenschulung wird auf eine harte Probe gestellt, wenn das Gegenereignis einen gewissen Grad der Schlimmheit übersteigt. Schmerzen, Krankheit, Operation, Tod; Bedrohung und Gefahr, Verlust und Liebeskummer, Ausweglosigkeit und Mobbing, Einsamkeit, Burn-out oder Arbeitslosigkeit und vieles andere mehr: wirklich schlimme Gegenereignisse lösen Gedankenflüsse aus, die über den bisher betrachteten Normalfall hinausgehen; der Problemfall gleicht nicht mehr einer Rangelei, bei der höchstens die Pullover ausgeleiert werden. Der wählende Wille braucht auch gar nicht erst gefesselt zu werden: er ist wie gelähmt!

Er starrt erstarrt auf das Sodom und Gomorrha in seinem Leben, ohne frei wählend irgendeinen anderen Gedankenfluss hervorrufen zu können, während der wählende Wille auf den Trümmern seine Muskeln spielen lässt,

nichtmals mehr ein T-Shirt an, welches zu packen vielleicht irgendetwas ausrichten könnte. Die Refutation scheint nahezu ausgeschaltet zu sein und selbst das Feststellen dieses Zustands durch Investigation und Bemerkkraft ändert nichts, da die Entfesselungskraft nichts ausrichtet gegen die Erstarrung und Lähmung. Müssen wir uns in der Gedankenschule gegen wirklich schlimme Ereignisse geschlagen geben. Ich werde mich in jedem Falle hüten, hier zu behaupten, dass auch dem schlimmem Problemfall mit den in der Gedankenschule erlernten Mitteln mit deutlich erkennbarem Erfolg beizukommen ist, so wie ich es für den Normalfall durchaus annehme. Und dennoch sollten wir unserer bisher erworbenen Fähigkeit, anders mit unseren Denkflüssen umzugehen, eine Chance geben. Der dringliche Widerstand ist unüberwindbar, die dringliche Kraft scheint unendlich groß: selbst wenn wir uns das skrutar bewusst machen und den schlimmen Gedankenfluss von der imperzepten Ebene zeitweise oder wenigstens korrept auf die skrutare bringen, scheint uns in keinster Weise geholfen zu sein. Was bleibt von den G8 der Refutation? Hochstapelei liegt nicht vor, ebensowenig eine Willensmutation oder Lächerlichkeit; Vorauseilung könnte im Spiel sein, Wiederholung als Endlosschleife sicherlich. Hättewärewenn und Hoffentlich können wir zwar rufen, aber der Eindruck bleibt, als verhallten sie wirkfrei im Raum. Wenn wir uns aber den Nulleffekt unseres Denkens nochmals ganz deutlich vorrechnen könnten, die Sinnlosigkeit allen Grübelns und dann auch der Hättewärewenns und Hoffentlichs noch stärker verdeutlichen könnten, womöglich könnte das dem freien Willen ein klein wenig aus der Erstarrung helfen, so dass er wenigstens wieder einen kleinen Finger bewegen kann oder sogar die Hand. Und dieser kleine Erfolg muss es dann sein, der Mut macht, weiter dran zu bleiben am Versuch, einem sinnhaften Gedankenfluss wenigstens schon mal wieder eine kleine Ausdehnung zukommen zu lassen. Diese Ausdehnung skrutar bewusst wahrnehmend und daraus neue Wahlkraft schöpfend und Zweifel an möglicher Gedankenlenke abbauend wird vielleicht schon der ganze Arm wieder mobil und irgendwann löst sich die Lähmung womöglich doch auf - zugunsten des wählenden Willens der mit Gedankenlenke und Wählkraft den dringlichen Widerstand des schlimmen Gegenereignisses zugunsten gewünschter Denkflüsse eindämmen kann. Wie Sie in Ihrem Leben mit Schlimmem umgehen können, kann in vollem Umfang in der Gedankenschule niemals berücksichtigt werden. Dennoch ist die Art, wie Sie mit schlimmen Gedankenflüssen umgehen, sicherlich ein nicht zu unterschätzender Teil des gesamten Umgangs mit schlimmen Problemfällen. Solange Sie mit Ihrem Grübeln und Erwägen irgendwelche Entscheidungen herbeiführen und womöglich irgendwelche Probleme lösen können, sind die Denkflüsse nicht zwingend als sinnlos zu bezeichnen. Wenn aber der Grübelei und dem gebetsmühlenartigen, ständigen Wiederholen derselben Litaneien kein Sinn mehr zuerkannt werden kann, wenn der Null-Effekt dieses Denkens nicht mehr zu leugnen ist, dann ist das die winzige Chance der Refutation, doch noch irgendetwas auszurichten. Sowohl diesen Punkt zu erkennen als auch diese Refutations-Möglichkeit zu ergreifen, das ist, so fürchte ich, das Wenige, was die Gedankenschule mit ihren Lerninhalten im schlimmen Problemfall zu leisten vermag, um daraus aber mit gesteigertem Wollen ein Mehr zu machen und den schlimmen Denkflüssen möglicherweise doch noch nach und nach das Wasser abzugraben.
Wenden wir uns nun noch etwas Positiverem zu: dem kulinarischen Genuss. Es ist eine furchtbare Verschwendung, wenn wir leckeres Essen unbewusst in uns hineinschlingen! Der kulinarische ist ein besonderer Genuss, der aber wie der schlichte Genuss nur funktioniert, wenn wir uns ausnahmslos auf der skrutar bewussten Ebene aufhalten, während wir essen. Üblicherweise isst man gern in Gesellschaft: sei es zu feierlichen Anlässen, sei es mit Freunden oder in der Familie, wo die Mahlzeiten - wenn überhaupt noch - oftmals die einzigen Momente des Tages sind, an denen die Familie zusammensitzt und sich austauscht. Noematologisch betrachtet ist es allerdings ein Unding, wenn sich während der Einnahme der Mahlzeit unterhalten wird, und dies nicht, weil man mit vollem Munde nicht sprechen soll, sondern weil jedes Gespräch vom kulinarischen Genuss abhält. Höchstens das Erwähnen, wie köstlich die Speise ist, wäre noematologisch zu rechtfertigen; im übrigen müsste jeder bei der Einnahme des Essens alsbald jegliche Konversation einstellen und jemand, der isst, dürfte nicht mehr angesprochen werden. Keine Frage: die Zeit vor und nach der unmittelbaren Einnahme der Speisen kann und soll zum angeregtesten Gespräch genutzt werden und macht das eigentliche "miteinander Essen" aus. Die Viertelstunde - und länger dauert die Einnahme von zwei Scheiben Brot, einem Teller Spaghetti bolognese oder selbst eines am Buffet zusammengestellten Festtagsessens kaum - der tatsächlichen Nahrungsaufnahme muss, wenn es zum kulinarischen Genuss kommen soll, ohne Ablenkung geschehen.

Natürlich gibt es noch andere Möglichkeiten, den kulinarischen Genuss zu vereiteln: das Zeitunglesen während des Frühstücks ist eine weithin bekannte; ein leckeres Marmeladenbrot, eine Tasse Kaffee, Rührei: alles wandert nahezu unbemerkt in den Magen, während die Neuigkeiten aus Politik, Wirtschaft und Sport studiert werden. Selbst das Musikhören beim Essen ist sinnlos - entweder man genießt die Musik oder die Speise, beides geht nicht, es sei denn oszillierend oder mindestens mit quirligem kompar-axiotischem Mischlauf, wobei es aber fraglich ist, ob es dabei wirklich zum Genuss kommen kann, da dieser Mischlauf auf der skrutar bewussten Ebene stattfinden muss. Wir halten also fest: jeder nicht auf das Essen gerichtete Denkfluss ist für den kulinarischen Genuss von vorneherein ein störender, sei er noch so sinnhaft. Wenn ich in meinem Kopf ein wichtiges Projekt bearbeite, was mir Freude und Vergnügen bereitet, so wird es der kulinarische Genuss schwer haben; ich koche mir das herrlichste Mittagessen und, weil ich intensivst über den Fortgang des Projektes nachdenke (so ist es mir oft beim Verfassen der Gedankenschule gegangen), ist der Teller plötzlich leer, ohne dass ich bewusst gegessen hätte, geschweige denn genossen. Oder: ich lege mir einen in vier Stückchen zerlegten Riegel Schokolade hin den ich genüsslich verspeisen will. Das erste Stück stecke ich in den Mund, schmecke es bewusst für drei Sekunden, doch als ich das zweite greifen will, sind nur noch zwei da! Keiner sonst im Haus. Ein Gedankenfluss hat den Genuss des ersten Stückes abgekürzt, vom zweiten habe ich nichtmals bemerkt, dass ich es genommen habe. Das soll sich beim dritten ändern. Ich stelle mich hin, unterlasse alle anderen Tätigkeiten und stecke es in den Mund. Immerhin schaffe ich es, es mir auf der Zunge zergehen zu lassen, aber das Runterschlucken ist schon wieder von einem anderen Gedankenfluss ins Unbewusste verdrängt worden. Als mir dies auffällt, nehme ich mir vor, das vierte nun von Anfang bis Ende richtig zu genießen - aber leider liegt es nicht mehr da. Unbemerkt habe ich es "eingeworfen" und weg ist es. Von vier Stückchen Schokolade habe ich kaum ein halbes wirklich genießen können. Und so geht es mir leider auch oft mit dem Käsebrot, dem Kartoffelgratin und vielem anderem mehr, was in meinen Magen wandert, während Gedankenflüsse an irgendetwas anderes das Schmecken unbewusst werden lassen.
Beim Essen gilt aus noematologischer Sicht: permanente skrutare Bewusstmachung ist nötig, um einen kulinarischen Genuss möglich zu machen. Hier hilft allerdings die Refutation nur insofern, als wir uns vorhalten können, dass jeder abweichende Gedankenfluss immer a priori als störender daherkommen muss. Der unfreie Wille nutzt in diesem Falle jeden, auch - und vielleicht gerade - den sinnhaftesten Gedankenfluss, um uns vom Genuss abzuhalten. Von den realen Genusshindernissen wie dem Gespräch, der Zeitung etc. will ich schon gar nicht mehr reden. Hier Abhilfe zu schaffen ist nicht Sache der Gedankenschule, ich habe darauf hingewiesen; die Handlungen zu korrigieren (Gespräch vorübergehend einstellen, Zeitung weglegen usf.) ist die Aufgabe jeder und jedes Einzelnen nach eigenem Ermessen. Nur was nützt es, wenn Sie das Gespräch unterbrechen oder die Zeitung vom Frühstückstisch verbannen, aber ein störender Gedankenfluss leistet dasselbe wie die Unterhaltung über die Verwandtschaft oder das Lesen von einer neuen Maut, also etwas völlig anderem als dem schmackhaft zubereiteten Gericht? Wir hätten den Baal mit Beelzebub ausgetrieben! Jeglicher Zeitdruck ist ebenfalls der Tod des kulinarischen Genusses. Wenn ich beim Essen schon wieder etwas im Sinn habe, was ich schnellstens nach dem Essen machen will, dann geht der Genuss rasch verloren. Interessanterweise fällt mir auf, dass ich mein Frühstücksbrot manchmal durchaus deutlicher und langanhaltender genieße, wenn ich dies nicht vor dem Teller sitzend mache, während eine weitere Tätigkeit schon ihre Schatten vorauswirft, sondern beim Kauen z.B. die Spülmaschine ausräume oder einen Topf abwasche, der noch auf der Spüle steht. Dabei nehme ich mir seltsamerweise mehr Zeit für den Bissen. Das aber nur am Rande. Entscheidend ist die skrutare Bewusstmachung des in-den-Mund-Steckens, jeder Kaubewegung, des Schluckens und natürlich des Geschmacks. Dies geschieht wie immer im skrutaren Bewusstsein nur durch den - beim Essen notwendigerweise nicht stimmhaft gesprochenen - in Sprache ausgedrückten Kommentar des Vorgangs. Das berühmte "Mmmh!" darf aber auch gerne laut geäußert werden (wenn niemand dadurch gestört wird). Im Kopf muss also beispielhaft folgendes "zu hören" sein: "So, jetzt esse ich mein selbstgekochtes Mittagessen und will es genießen! Mmmh, gut gelungen! Der Rotkohl ist klasse! Und die Kartoffeln sind genau richtig. Die Soße ist richtig lecker. Wie meine Zunge das ganze elegant im Mund bewegt! Halt, noch nicht runterschlucken, erst noch etwas genießen. Das Schnitzel ist aber zart, und so herrlich paniert. Gut kauen, dann kommt der Geschmack erst richtig zur Geltung......!" Liebe Gedankenschülerinnen und Gedankenschüler: anders geht es nicht! Wie Sie es genau formulieren, spielt keine Rolle und bleibt Ihnen überlassen. Aber selbst das Glas Tee oder Wasser kann in dieser Weise zu sich genommen ein kulinarischer Genuss sein, ohne dies aber nur unbewusst aufgenommene Flüssigkeitsergänzung. Die aufwendige Zubereitung der Mahlzeiten, oft auch der Preis der für die Anschaffung der Zutaten bezahlt wurde, steht oft in keinem Verhältnis zur Degradierung des ganzen zur notwendigen Nahrungsaufnahme ohne Genuss. So wie Sie in der Praxisanwendung PX1 schon sehr früh das genüssliche Duschen kennengelernt haben, sollten Sie von nun an beim Essen die Gedankenschulung immer berücksichtigen. Wenn ein störender Gedankenfluss auftaucht, unterbrechen Sie das Essen und machen Sie sich klar, dass er jetzt nichts in Ihrem Kopf verloren hat, ganz egal welches scheinbar noch so wichtige Ereignis ihm zugrunde liegt (vom jaulenden Feuermelder sprechen ich hier natürlich nicht).

Dann essen Sie skrutar bewusst genießend weiter. Möglicherweise hilft das Schießen der Augen. Messer und Gabel beim Kauen ablegen oder das Brötchen nach dem Abbeißen aus der Hand legen und erst wieder aufnehmen, wenn der Bissen völlig zerkaut und mit Genuss heruntergeschluckt wurde. In dem Moment, wo Sie die Nahrung herunterschlucken wollen, tun Sie dies beim ersten (und zweiten) Mal nicht und sagen sich "Nein, noch nicht schlucken!" Je länger Sie kauen - vom positiven Gesundheitseffekt durch Vorverdauung mit Hilfe des Speichels ganz abgesehen - desto besser entfaltet sich der Geschmack, desto größer ist der kulinarische Genuss. Erfreuen Sie sich auch am sportlichen Treiben Ihrer Zunge! Und wenn es nichts zu kauen gibt, bei Getränken und dünner Suppe etwa, dann behalten Sie die Lebensmittel dennoch etwas länger im Mund und spüren dem Geschmack skrutar bewusst nach: "Mmmh. Wie lecker die Milch ist!", und wenn Sie heruntergeschluckt haben, kommt das den Genuss deutlich machende "aah!" Die Tüte Chips beim Fernsehen können Sie auch in den Mülleimer schütten, wenn der Krimi gut gemacht ist! Irgendwann greifen Sie hinein, und sie ist leer! "Oh, gar nicht gemerkt!" Entweder Fernsehen oder Chips genießen - so kurios sich das anhört. Beides gleichzeitig kann noematolotisch nicht funktionieren. Ich denke, so weit am Schluss der Gedankenschulung brauche ich hierfür keine extra PXE mehr einführen. Sobald Sie irgendein Nahrungsmittel - vom kleinsten Bonbon oder dem Glas Leitungswasser bis hin zum großen Eisbecher mit Sahne, zur Geburtstagstorte oder dem Mehrgänge-Menu - zum Munde führen, wird jedes andere Ereignis zum Gegenereignis, wird jeder nicht zu diesem Bissen gehörige Gedankenfluss ein störender, darf es keinen anderen Gedankenfluss geben als den skrutar bewusst diese Speise genießenden! Geschmack, Knusprigkeit, Schmelz, Würzigkeit, Süße usf. sowie das Kauen, die Zungenbewegung, das Herunterschlucken - alles skrutar bewusst genießen, das wäre das Ziel der Gedankenschulung hinsichtlich des Essens. Die Bemerkkraft ist dabei stets gefragt, um den kulinarischen Genuss mit Hilfe der Entfesselungskraft immer wieder aus dem Unbewussten zu befreien, wohin ein anderer Gedankenfluss ihn gestoßen hat, bis Sie irgendwann das "ungestörte Essen" beherrschen, was allerdings nüchtern betrachtet ein hoch gestecktes Ziel ist, wenn man es für die gesamte Viertelstunde der Nahrungsaufnahme bei einer Mahlzeit erreichen will. Und wenn im Fremdwörter-Duden unter kulinarisch eine b)-Bedeutung lautet: "(leicht abwertend) ausschließlich dem Genuß dienend" (entnommen aus DUDEN, Band 5, Mannheim 1982), dann passt dies in noematologischer Sicht - überhaupt nicht abwertend - ganz genau auf unser Gedankenschulungsziel, den kulinarischen Genuss zu optimieren (während wir selbstverständlicherweise für die lebensnotwendige Nährstoffzufuhr sorgen).
Ganz zum Schluss des Lehrgangs möchte ich noch auf das eben im Zusammenhang mit dem kulinarischen Genuss auch schon kurz erwähnte Fernsehen eingehen. Fernsehen steht hier synonym auch für das Surfen im Internet, Videos anschauen und dergleichen. Wie auch bei einer Unterhaltung mit anderen Menschen und beim Lesen ist dem Fernsehen ein Gedankenfluss zugeordnet. In der Regel spricht und liest man imperzept bewusst oder unbewusst, was beim Fernsehen nicht anders ist. Auch bei der Auswahl der Gesprächspartnerinnen und -partner (wenn man denn Einfluss darauf nehmen kann), des Lesestoffs und der Fernsehinhalte sollte ein gedankengeschulter wählender Wille nicht unbedacht handeln. Die Wählkraft sollte möglichst sorgsam für eine sinnreiche Lebensgestaltung genutzt werden, so dass die drei Möglichkeiten Gespräch, Lesen und Fernsehen nicht zu sinnloser Zeitverschwendung führen, weil ihre Inhalte sinnfreie Gedankenflüsse generieren. Darüberhinaus kann vor allem das Fernsehen (hauptsächlich in Form des "Zappens") mit sinnfreien Inhalten auch opiatisch (hier: betäubend im negativen Sinne) wirken, was nur beim wahrhaft schlimmen Gegenereignis als zeitweise Linderung akzeptabel ist. Jede opiatische Wirkung unterdrückt unsere Denkflüsse nahezu vollständig, so dass hierfür gilt: Ich denke nicht, also bin ich nicht! Wenngleich wir uns manchmal sicher wünschen, nicht denken zu müssen, so ist der opiatische Gebrauch des Fernsehens hier ein sehr zweifelhaftes Mittel.

Es kommt darauf an, das Richtige zu denken, und dafür steht die Gedankenschule. Mit allerlei nützlichen Übungen, Praxisanwendungen, Tipps und anschaulichen Diagrammen und Fotos an der Hand sind Sie bestens gerüstet, dieses Vorhaben - Ich denke richtig, also bin ich zufrieden! - anzugehen.
Damit schließe ich den Lehrgang der Gedankenschule ab. Bei Gelegenheit werde ich hier im Anschluss noch einige Blicke über den Zaun in die gedanklichen Gärten großer Denker werfen. Ich wünsche allen Gedankenschülerinnen und -schülern, die bis zum Ende durchgehalten haben, viel Erfolg und einen positiven Effekt der Gedankenschulung in Ihrem Leben!
(Niedergeschrieben im Januar und Februar 2017)